Im Sommer 2016 wurde der Tierarzt Dr. Abdoulaye Diaouré VSF-Suisses Länderdirektor Mali und Repräsentant Westafrika. Der 56jährige Malier, der bereits in der Ukraine, in Kamerun, Niger und Mali gelebt, studiert und gearbeitet hat, koordiniert und überwacht von nun an unsere Projekte im gesamten Westafrika. Abdoulaye spricht 9 Sprachen liebt es, neben seiner Arbeit seine Lieblingsfussballmannschaften im Fernsehen anzufeuern und auch selbst Sport zu treiben.

Hallo Ablo! Als erstes möchten wir dich ganz herzlich im VSF-Suisse-Team willkommen heissen! Wir freuen uns sehr, dich dabei zu haben!

Danke schön! Ich freue mich auch sehr, jetzt zum Team zu gehören. Ich bin gespannt auf die Aufgaben, die in Mali vor uns liegen und es ist mir ein grosses Anliegen, die nutztierhaltenden Bevölkerungsgruppen Malis zu unterstützen.

Kannst du uns ein bisschen über Mali erzählen? Wie lebt man dort?

Nun, es ist ein grosses Land mit vielen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Viele von ihnen sind Nutztierhalter. Hauptsächlich züchten sie Rinder. In den letzten Jahren wurden jene, die in der Umgebung der Hauptstadt Bamako leben, von VSF-Suisse durch den Aufbau einer Milchwertschöpfungskette unterstützt. Diese Milchwertschöpfungskette beginnt an dem Punkt, an dem die einzelne Kuh Milch gibt, geht weiter zum hygienischen Lagern der Milch, der zeitnahen Lieferung an eine Vertriebsstelle, der Ausstellung in einem Kiosk und schliesslich dem Verkauf. Bis die Milch eben im Magen einer hungrigen Person landet.

Das klingt nach einer sehr wichtigen Initiative. Wird diese Arbeit weitergeführt, und was wäre deine Rolle dabei?

Ja, das Projekt zum Aufbau der Milchwertschöpfungskette in und um Bamako, das besser bekannt ist unter dem Akronym PAFLAPUM, wird im Jahr 2017 in Phase IV weitergeführt werden. Als neuer Länderdirektor Mali und Repräsentant Westafrika werde ich für das komplette Projekt verantwortlich sein, von der Entwicklung weiterer Massnahmen bis zu deren Ausgestaltung und Implementation. Eine grosse Aufgabe, auf die ich mich jedoch sehr freue! Darüber hinaus werde ich an einem zweiten Projekt in Mali arbeiten, das sich PASEM nennt.

Erzähl uns doch ein bisschen von deinem persönlichen Hintergrund. Was motiviert dich, in NGO-Projekten in Mali zu arbeiten?

Ich komme ursprünglich aus Goa, das ist eine Region im Norden von Mali. Meine Eltern kommen aus der Region Timbuktu. Ich war schon immer ein Kind mit vielen verschiedenen Interessen und als ich anfing zu studieren, wusste ich anfangs nicht so recht, in welche Richtung ich gehen sollte. Einerseits war ich sehr an allen möglichen Völkern, Kulturen und Sprachen interessiert, also lag es nahe, dass ich Sozialanthropologie studieren würde. Andererseits war ich aber auch immer an Medizin interessiert und war der Meinung, dass eine Ausbildung in dieser Richtung eine gute Basis wäre, um bedürftigen Menschen helfen zu können. Und bedürftige Menschen habe ich in meinem Land sehr viele gesehen! Damals war ich allerdings noch viel jünger und hatte viel weniger Lebenserfahrung als jetzt. Ich konnte deshalb nicht besonders gut mit all dem Leid, das durch Armut entsteht, umgehen. Und mit Leid meine ich sowohl körperliche Schmerzen, die das Resultat von Mangelernährung sind, als auch das seelische Leid hoffnungsloser Menschen. Die Völker in Mali empfinden so viel Schmerz! Es ist eine sehr grosse Bedürftigkeit vorhanden. Darum habe ich es mir zu meinem beruflichen Ziel gesetzt, so viel als möglich zu helfen. Also wurde ich Tierarzt und konnte so die Nutztiere der Hirtenvölker behandeln. Dies führt dazu, dass die Menschen sich besser erhalten können.

Das klingt nicht gerade als hättest du den einfachen Weg gewählt. Wo wurdest du schliesslich ausgebildet?

Nachdem ich die Schule mit der Matura abgeschlossen hatte, habe ich in Baku, Kasachstan, Russisch gelernt. Mit diesen Sprachkenntnissen ging ich danach an die Uni in Kharkov, Ukraine, um Veterinärmedizin zu studieren. Danach habe ich eine Zeit lang für die Bauernkooperative zu Hause in Mali gearbeitet. Nach einigen weiteren Jahren, die ich als privater Tierarzt arbeitete, kehrte ich schliesslich zur Projektarbeit zurück und setzte meine Kenntnisse in einem Nutztierprojekt der Malischen Regierung ein.

Dann hast du bestimmt viele verschiedene Menschen über die Jahre getroffen, oder?

Ja, natürlich. Und jeder einzelne war auf seine Weise besonders. Das ist eines der Dinge, die ich in meinem Leben gelernt habe: wir sollten alle verschieden sein. Die Welt ist ein guter Ort, solange wir alle verschieden sein dürfen.

Das hätten wir wohl nicht besser sagen können! Wie bist du mit den Sprachbarrieren, die dir sicherlich von Zeit zu Zeit begegnet sind, umgegangen?

Ich habe einfach versucht, mich so gut als möglich anzupassen. Das war eigentlich gar nicht so schwierig für mich, da ich sowieso immer schon sehr an Kulturen und Sprachen interessiert war. Aus meiner Sicht ist der beste Weg, Teil einer Kultur zu werden, innerhalb dieser Kultur zu leben und die lokale Sprache so schnell als möglich zu lernen und zu sprechen. Über die Jahre habe ich mir so Kenntnisse in einigen verschiedenen Sprachen angeeignet: Französisch, Englisch, das ich bereits in der Schule gelernt habe, Russisch, Bambara, Fulani, eine Sprache, die in vielen westafrikanischen Ländern gesprochen wird, Tamaschek, eine regionale Sprache, die von den Tuareg in Mali und Niger gesprochen wird, sowie die Sprache von Songhoy, die auch manchmal Sarma oder Dandi genannt wird und von den sogenannten “Flussleuten”, einer kleinen ethnischen Gruppe, gesprochen wird.

Das klingt richtig beeindruckend! Und ausserdem klingt es, als wärst du auch ziemlich viel in Afrika herumgekommen, wahrscheinlich während deiner Berufslaufbahn. Stimmt das?

Ja, ganz genau. Ich habe im Jahr 2000 begonnen, für die Niederländische Entwicklungsorganisation SNV zu arbeiten und bin im Laufe meiner Karriere nach Kamerun gezogen. Ich habe dort als Nutztier- und technischer Experte begonnen. Danach habe ich als Organisationsberater und Berater für wirtschaftliche Entwicklung weitergemacht, bevor ich mich schliesslich auf Umweltressourcenmanagement und Portfoliomanagement konzentriert habe. Dann habe ich als Leiter des Regionalteams und zuletzt als Leiter des Landesteams gearbeitet.

Im Jahr 2010 habe ich zu Vétérinaires Sans Frontières Belgien gewechselt und für diese Organisation in Niger gearbeitet. Dort habe ich als nationaler Koordinator die Umsetzung des Projekts PASEL geleitet. Das Ziel dieses Projekts war es, modernes Wissen und Fähigkeiten an die lokale Bevölkerung weiterzugeben, und das ist uns sehr gut gelungen.

Würdest du uns noch ein bisschen darüber erzählen, was du in deiner Freizeit machst, damit wir auch die private Person Dr. Ablo Diaouré ein wenig kennenlernen können?

Wie ihr bereits wisst, interessiere ich mich für sehr viele verschiedene Dinge. Das können kulturelle Veranstaltungen sein oder Ausflüge in die Natur, Fussball spielen, joggen oder Handball, mein neuestes Hobby, das ich erst vor Kurzem entdeckt habe. Was ich allerdings am liebsten mache, ist Fussball schauen! Ich liebe es, meine Lieblingsmannschaften anzufeuern. Und Lieblingsmannschaften habe ich viele, hauptsächlich europäische Teams. So simpel das auch klingen mag, ich liebe Fussball.

Nachdem du gerade erst zurück nach Mali gezogen bist, interessiert uns natürlich, wie es dir gefällt, wieder zu Hause zu sein. Bist du froh darüber?

Oh ja, sehr. Ich habe mir schon eine Weile gewünscht, wieder zurück nach Hause zu ziehen. Einerseits, weil meine Kinder dort sozial integriert sein sollen und andererseits, weil ich wirklich gerne die Bevölkerung meines Heimatlandes unterstützen möchte. Ich liebe meine Heimat. Ich liebe Mali.

Das klingt sehr danach, als wärst du der ideale Mitarbeiter für VSF-Suisse in Mali! Warum hast du dir uns, VSF-Suisse, ausgesucht? Was fandest du an uns speziell?

Ich bin ein sehr pragmatischer Mensch, der Dinge gerne einfach anpackt. Und ich möchte Ergebnisse sehen. VSF-Suisse arbeitet genauso. Es wird keine Zeit verschwendet, um über unwichtige Dinge herumzureden, wenn man stattdessen handeln kann. Uns allen steht so wenig Zeit auf der Welt zur Verfügung, und diese Zeit sollten wir nicht an Bürokratie verschwenden. Mit diesen Werten fühle ich mich im VSF-Suisse-Team sehr gut verstanden.

Und genau wie ich bemühen sich die Leute, die ich bei VSF-Suisse kennengelernt habe, immer darum, möglichst exzellent zu sein in dem, was sie machen. Und dies führt schlussendlich zu exzellenten Resultaten für die bedürftigen Menschen, für die wir uns Tag für Tag einsetzen.

Auch an dieser Stelle bleibt uns nicht viel hinzuzufügen. Am Ende dieses sehr entspannten und freundlichen Interviews mit dir, Ablo, wünschen wir dir alles Gute für deine private und berufliche Zukunft. Wir freuen uns sehr darauf, mit dir Zusammenzuarbeiten und sind froh, dich an Bord zu haben!

(Interview: Kerstin Köffel)

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