Bild: Somali Region, Äthiopien © FAO/Michael Tewelde
Die Ernährungskrise am Horn von Afrika hält trotz grossem humanitären Einsatz an und die aktuellsten Prognosen für die kommenden Monate sind besorgniserregend. Die anhaltende Dürre, steigende Lebensmittelpreise, fehlende Importe sowie Konflikte sind verantwortlich für die prekäre Ernährungslage. VSF-Suisse setzt sich in Kenia, Äthiopien, Somalia und Südsudan unermüdlich für die betroffenen Menschen und ihre Tiere ein.
Das Horn von Afrika hat nunmehr eine vierte Regenzeit mit viel zu wenig Niederschlag hinter sich – eine Häufung, die seit vier Jahrzehnten so nicht beobachtet wurde. Für die anhaltende Dürre verantwortlich ist eine Kombination aus La Niña und dem rapide fortschreitenden Klimawandel. Diese stärkeren und häufigeren Dürreperioden geben den Menschen und Tieren, anders als in „normalen“ Jahren, keine Chance zur Erholung.
Drohende Hungersnot in Teilen Somalias
In Kenia, Äthiopien und Somalia sind gemäss den neusten Schätzungen insgesamt 18,6 Millionen Menschen von hoher akuter Ernährungsunsicherheit betroffen (IPC-Phase 3 oder höher*). Allein in Somalia werden zwischen Juni und
September 2022 wahrscheinlich 7,1 Millionen Menschen (45% der Gesamtbevölkerung) von akuter Ernährungsunsicherheit (IPC-Phase 3 oder höher) betroffen sein, darunter mehr als 213‘000 in einer Katastrophe (IPC-Phase 5). Dies würde für Teile Somalias eine Hungersnot bedeuten.
Seit Oktober 2020 sind in der gesamten Region mindestens 7 Millionen Nutztiere verendet. Für viele Familien bedeutet dies den Verlust ihrer Lebensgrundlage. Für die Kinder fehlt Milch und es kommt zu Mangel- und Unterernährung. Von Januar bis Juni wurden in Äthiopien, Kenia und Somalia rund 568‘000 Kinder aufgrund schwerer akuter Unterernährung behandelt. Es wird davon ausgegangen, dass rund 6,5 Millionen Kinder in den drei Ländern unter akuter Unterernährung leiden.
Westlich der zuvor erwähnten Länder und als Teil des erweiterten Horns von Afrika geltend liegt Südsudan. Hier sind mit 7,7 Millionen Menschen ganze 63% der Gesamtbevölkerung von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Menschen mit mehreren Krisen gleichzeitig konfrontiert sind. In vielen von der Dürre betroffenen Gebieten steigen die Lebensmittelpreise aufgrund unterdurchschnittlicher Ernten und der Entwicklungen auf den internationalen Märkten. Auch kämpfen viele Gemeinschaften nach wie vor mit den Folgen von Überschwemmungen, COVID-19 und der vergangenen Wüstenheuschreckenplage. Vor allem in Äthiopien und Somalia sind zudem Millionen von Menschen von Konflikten betroffen.
Was VSF-Suisse in der aktuellen Krise leistet
Unsere Teams sind im Einsatz in Äthiopien, Kenia, Somalia und Südsudan. Die Aktivitäten umfassen
- Verteilung von Tierfutter,
- tiermedizinische Notfallbehandlungen,
- bedingungslose Geldtransfers, mit welchen die Wahlmöglichkeiten und die Würde der betroffenen Menschen respektiert werden und gleichzeitig ihre wirtschaftliche Erholung gefördert wird,
- Herdenregulierung,
- Wassertransporte,
- Vertrieb von Saatgut und landwirtschaftlichen Geräten,
- Sanierung von Wasserstellen.
All dies können wir nur dank unseren grosszügigen Spenderinnen und Spendern leisten. Bitte helfen Sie mit – herzlichen Dank!
* Die IPC-Klassifizierung erlaubt es, den Schweregrad und das Ausmass von akuter und chronischer Ernährungsunsicherheit sowie akuter Unterernährung in einem Land nach international anerkannten wissenschaftlichen Standards zu bestimmen. Für die Beurteilung der aktuellen Situation in Anbetracht einer drohenden Hungersnot, wird die IPC-Klassifizierung für akute Ernährungsunsicherheit verwendet. Diese Skala liefert strategisch relevante Informationen, um schwere Ernährungsunsicherheit, die Leben oder Lebensgrundlagen bedroht, zu verhindern, zu mildern oder zu verringern. Dabei wird zwischen fünf verschiedenen Schweregraden (IPC-Phasen) der akuten Ernährungsunsicherheit unterschieden:
(1) minimal, (2) angespannt, (3) kritisch, (4) Notfall, (5) Katastrophe/Hungersnot.
In einem Land können zur gleichen Zeit in verschiedenen Regionen unterschiedliche Schweregrade vorherrschen.
Quellen:
IGAD: Regional Focus of the Global Report on Food Crises 2022
OCHA: Horn of Africa Drought: Regional Humanitarian Overview & Call To Action | Business Brief, July 2022
WFP: Eastern Africa Region: Regional Food Security & Nutrition Update 2022 Second Quarter (August 2022)