Bokola Kebele[1] ist ein nomadisch geprägtes Dorf in der Region Oromia, Äthiopien. Im November 2020 führte VSF-Suisse dort im Rahmen des Projekts HEAL eine Evaluierung der Kapazitäten der vorhandenen One-Health-Einrichtungen durch. Dabei wurde festgestellt, dass der örtliche Veterinärposten seit sechs Jahren nicht mehr in Betrieb ist und sich in einem schlechten Zustand befindet.
Der Zugang zu tierärztlichen Diensten in Bokola Kebele war entsprechend sehr begrenzt und die Menschen mussten weite und kostspielige Strecken zurücklegen, um Tierarzneimittel zu kaufen. Während der Datenerhebung im Rahmen des Projektes benannten die Mitglieder der Gemeinschaft die Tiergesundheit als ein komplexes Problem in der Region. Daraus folgte die Empfehlung zur Sanierung des Veterinärpostens in Bokola sowie die Wiederherstellung der lokalen Tiergesundheitsdienste. Darüber hinaus erfuhr VSF-Suisse in den Befragungen, dass nicht nur die Gemeinde Bokola Kebele, sondern auch sechs weitere benachbarte Kebeles auf den Veterinärposten in Bokola angewiesen sind, was die Wichtigkeit des Postens unterstreicht.
Im Jahr 2021 wurde der Veterinärposten renoviert und eine One Health Unit (OHU) errichtet, die Gesundheitsdienstleistungen für Menschen, Tiere und die Umwelt erbringen kann. Die Sanierungsarbeiten von VSF-Suisse umfassten sowohl die Renovierung der Gebäude als auch die Bereitstellung neuer Möbel, Medikamente und Ausrüstung. Zudem hat VSF-Suisse die nachhaltige Bereitstellung von Veterinärdiensten durch die Schaffung eines Systems für die Versorgung mit Veterinärmedikamenten sichergestellt. Die Bereitstellung von wichtigen Medikamenten und medizinischer Ausrüstung in der Anfangsphase erleichterte die Wiederherstellung der Basisveterinärdienste und stellte einen Wendepunkt für die Gemeinschaften dar. „Ohne die Renovation und Inbetriebnahme des Veterinärpostens, hätten wir alle von der Dürre verschont gebliebenen Tiere aufgrund von Tierseuchen verloren“, ist sich Kiyu, der stellvertretende Vorsitzende des Kebele, sicher. Darüber hinaus hat das Projekt Schulungen für die Leistungserbringer:innen der OHUs (darunter Assistent:innen für Tiergesundheit, Fachleute für menschliche Gesundheit, Mitarbeitende von Gesundheitsberatungsstellen und Expertinnen im Umweltbereich) zu den Themen One Health, Zoonosen und Lebensmittelsicherheit durchgeführt.
Der Veterinärposten von Bokola und die dazugehörige OHU, kümmern sich derzeit um mehr als 5‘000 Rinder, 15‘000 Ziegen und Schafe sowie 300 Kamele in und um die Gemeinde. „Durch das Modell der stationären und mobilen Dienste ist es dem Posten von Bokola gelungen, eine grosse Anzahl von nomadischen Gemeinschaften zu versorgen, die sonst unerreichbar gewesen wären“, sagte Dida Abatanu, der als Assistent für Tiergesundheit arbeitet. Die angebotenen Dienstleistungen umfassen die Behandlung von Tieren, Impfungen, Enthornung, Kastration, kleinere chirurgische Eingriffe, Krankheitsüberwachung und -meldung sowie Sensibilisierung. Die Gemeinschaft zahlt einen fairen Preis für die Dienstleistungen und die Einnahmen werden für die regelmässige Auffüllung des Bestandes an Material und Medikamenten verwendet. VSF-Suisse unterstützt den Posten gelegentlich mit zusätzlichen Tierarzneimitteln, um das Finanzierungssystem für die Tiergesundheit zu stärken und gleichzeitig den Tierarztposten zu ermutigen, unabhängig und nachhaltig zu arbeiten. Gemäss Guyo Kala, Vorsitzender des Kebele, ist die Morbidität und Mortalität des Viehbestands deutlich zurückgegangen. Er betont: „Die Gesundheit unserer Tiere ist die Grundlage für unser Leben. Wir sind dankbar für die Unterstützung beim Wiederaufbau und Betrieb des Postens.“ Dies zeugt von der Bedeutung von Tiergesundheitsdienstleistungen für den Lebensunterhalt von nomadischen Gemeinschaften.
Das HEAL Projekt umfasst Gebiete in Äthiopien, Somalia und Kenia. Es wird hauptsächlich von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanziert und von VSF-Suisse in Zusammenarbeit mit den Konsortialpartnern ILRI und Amref umgesetzt. Das Projekt ist innovativ und das erste seiner Art am Horn von Afrika, das einen einheitlichen Gesundheitsansatz fördert und umsetzt.
[1] Kebele ist der Begriff für die kleinste administrative Unterteilung in Äthiopien und ist gleichbedeutend mit einem Stadtteil oder einem begrenzten ländlichen Gebiet.