Als Reaktion auf die schwerwiegenden Probleme des Gesundheitssystems im Woreda Moyale, in der Somali Region Äthiopiens, wurde im Januar letzten Jahres ein One Health-Gemeinschaftsversicherungsprogramm ins Leben gerufen. Seither hat sich der Zugang zu menschlicher und veterinärmedizinischer Gesundheitsversorgung verbessert ist in den ersten sechs Monaten über 800 Personen zugutegekommen. 

Das Woreda Moyale, gelegen in der Somali-Region von Äthiopien, insbesondere in den Kebeles (Bezirken) El-Gof, Dik, Baligoriyo und Gulale, steht aufgrund der anhaltenden Dürre vor erheblichen Herausforderungen. In dieser Region hängt das Einkommen stark von der Viehzucht und in kleinerem Masse von der Regenfeldwirtschaft ab. Die Infrastrukturen im Bereich der menschlichen und tiermedizinischen Gesundheitsversorgung, der Strasseninfrastruktur, der Bildung und der Landwirtschaft sind deutlich unterentwickelt. 

Vor diesem Hintergrund und aufgrund eines Mangels an medizinischen Vorräten haben die lokalen Gesundheitseinrichtungen Schwierigkeiten, essentielle Medikamente für die menschliche und tiermedizinische Versorgung bereitzustellen. Herr Hussein Nurow, ein langjähriger Mitarbeiter der Gesundheitsstation El-Gof, einer seit 16 Jahren funktionierenden staatlichen Gesundheitseinrichtung, stellte fest, dass „das Gesundheitsamt des Woredas Moyale Medikamente nur einmal im Jahr liefert, die dann maximal fünf Monate lang ausreichen“. Während der verbleibenden sieben Monate, mit durchschnittlich drei bis fünf Patientinnen und Patienten täglich, ist Herr Nurow gezwungen, sie an entfernte Gesundheitseinrichtungen in Lehey oder Moyale zu verweisen, die zwischen 22 und 37 Kilometer entfernt sind. Er drückt seine Frustration aus: „das beeinträchtigt nicht nur mein Vertrauen und meine Moral, sondern hindert mich auch daran, den Patientinnen und Patienten effektiv zu helfen.“ Das in anderen Regionen Äthiopiens bestehende System der Gemeinschaftsversicherung wurde in der Dawa-Zone noch nicht eingeführt, sodass die dortigen Bewohner auch keine Versicherungsdeckung haben. Das Wohlbefinden der nomadischen und halbsesshaften Gemeinschaften ist so erheblich beeinträchtigt. 

 

 

Die Geschichte von Frau Makay Mohamed Edin 

Nehmen wir das Beispiel von Frau Makay Mohamed Edin, einer 36-jährigen Mutter von fünf Kindern. Als sie an schwerem Durchfall litt, zwang der Mangel an Medikamenten in der örtlichen Gesundheitsstation ihre Familie, sich in das Lehey-Hauptkrankenhaus zu begeben. Dies führte dazu, dass sie ihr Haushaltsbudget für Lebensmittel umschichten mussten, um die Behandlungskosten zu decken, drei Ziegen durch Raubtiere während ihrer Abwesenheit verloren und zusätzliche Transportkosten entstanden. „Unsere Lebensgrundlagen litten massiv“, teilte sie uns mit. „Diese Ereignisse sind das Ergebnis des Mangels an Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten in unserem Kebele.“ 

Diese Herausforderungen haben weitreichende Auswirkungen, wie den Verlust von Menschen- und Viehleben, steigende Gesundheitskosten, verringertes Lebensgrundlagevermögen, eine erhöhte Arbeitsbelastung für Frauen, eine Verschlechterung des Wohlbefindens der Gemeinschaftsmitglieder und die Verschlimmerung der Armut. 

Gesundheitsprobleme mit der One Health-Versicherungsinitiative angehen 

Um den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu verbessern, wurde im Januar 2024 ein gemeinschaftsbasiertes One Health-Versicherungssystem in zwei Zentren des Woredas Moyale eingeführt. Dies als Teil unseres HEAL-Projekts, welches darauf abzielt, das Wohlbefinden und die Widerstandsfähigkeit von gefährdeten nomadischen und halbsesshaften Gemeinschaften in Äthiopien, Somalia und Kenia zu verbessern. Das Projekt konzentriert sich auf die Erprobung und Ausweitung neuer und bewährter Methoden, wie die Umstellung der Dienstleistungsbereitstellung auf einen integrierten und ganzheitlichen Ansatz, der menschliche, tierische und Umweltgesundheitsprobleme behandelt. Das Projekt wird unter anderen von der Schweizerischen Agentur für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanziert und von VSF-Suisse in Zusammenarbeit mit Amref Health Africa und ILRI umgesetzt. One Health wurde mit den Gemeindeführern, Gesundheitsdienstleistern und lokalen Behörden in Moyale konsultiert. 

VSF-Suisse hat Medikamente für Menschen und Tiere bereitgestellt, Gesundheitseinrichtungen renoviert, Mitgliedsausweise und verschiedene Gutscheine gedruckt und verteilt. Wir haben auch technische Unterstützung für das eingerichtete Versicherungssystem bereitgestellt und Schulungen durchgeführt.  

Um den Zugang zu menschlichen und veterinärmedizinischen Gesundheitsdiensten für alle zu gewährleisten, erhalten Nicht-Mitglieder ebenfalls Zugang zu Gesundheitsdiensten für Menschen und Tiere, nachdem sie eine angemessene Servicegebühr für die erhaltenen Dienstleistungen bezahlt haben. Haushalte, die als extrem arm eingestuft werden, sind von der Mitgliedsgebühr befreit. 

Die Wirkung der One Health-Versicherung 

Das Programm verbessert die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von wichtigen Medikamenten in lokalen Gesundheitszentren für Menschen und Tiere. Hussein Nurow erklärte: „das Medikamentenregal ist jetzt mit einer breiten Palette essentieller Medikamente in ausreichender Menge gut bestückt. Ich kann mit Zuversicht sagen, dass ein Gesundheitszentrum wie das von El-Gof, das vollständig mit allen wichtigen Medikamenten aufgefüllt ist, so in der Somali-Region Äthiopiens noch nirgendwo anders zu finden ist.“ 

Menschen, insbesondere aus benachteiligten Verhältnissen, können nun leichter Gesundheitsdienste in der Nähe ihres Zuhauses in Anspruch nehmen. Dies reduziert die Notwendigkeit, auf andere Einrichtungen zu verweisen, ausser in Fällen, die spezialisierte medizinische Versorgung erfordern. Bis zum 30. Juni 2024 haben insgesamt 841 Personen verschiedene medizinische Dienstleistungen in den Zielkebeles in Anspruch genommen. Die Zahl der Besuche in diesen Gesundheitseinrichtungen hat sich verfünffacht. 

Die Einführung des One Health-Versicherungssystems hat die Gesundheitslage sowohl von Menschen als auch von Tieren verbessert, indem sie die Krankheits- und Sterblichkeitsraten senkte, die medizinischen Kosten reduzierte, die Arbeitsbelastung der Frauen verringert und das Haushaltseinkommen gesteigert hat. Die One Health-Versicherung hatte auch einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden des Gesundheitspersonals. Darüber hinaus hat das System eine engere Zusammenarbeit zwischen den Anbietenden von Gesundheitsdiensten für Menschen und Tiere gefördert. Diese Zusammenarbeit hat zu einer besseren Planung und Dokumentation, einem besseren Ressourcenaustausch und wöchentlichen gemeinsamen Diskussionen geführt, um Erfolge zu bewerten, Lücken zu identifizieren und Probleme zu lösen. 

Schliesslich erklärt Shaga Mohamed, eine Teilnehmerin des One Health-Versicherungsprogramms: „Dieses innovative Konzept hat die Bereitstellung und den Zugang zu wichtigen Gesundheitsdiensten verbessert und damit die tiefen Ursachen der Armut in unseren Gemeinschaften angesprochen. Es gibt eine klare Übereinstimmung, dass diese Initiative auf andere Kebeles im Woreda Moyale Somali ausgeweitet werden sollte, um ihre Auswirkungen zu maximieren.“

Bericht von

Mohamed Haji

Koordinator Moyale Feldbüro

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