In der abgelegenen Weite von Gubadad Kebele, in der Region Somali in Äthiopien, leiden die nomadischen Gemeinschaften, die hauptsächlich von der Schaf- und Ziegenzucht sowie von Kamelen und Rindern leben, seit langem unter den verheerenden Folgen des begrenzten Zugangs zu tierärztlicher Versorgung. Bis vor kurzem gab es in Gubadad keine öffentlichen oder privaten tierärztlichen Dienstleister, sodass die Hirten ohne professionelle Unterstützung gegen potenziell vermeidbare Tierkrankheiten ankämpfen mussten.
Angesichts dieser kritischen Lücke führte VSF-Suisse eine umfassende Bedarfsanalyse durch, bei der die dringende Notwendigkeit dezentraler Tiergesundheitsdienste festgestellt wurde. Als strategische Reaktion darauf bildeten und rüsteten wir Tiergesundheitshelfer aus. Unter anderem wurde der 25-jährige Ayanle Bashir von der Gemeinschaft dafür ausgewählt. Indem wir Einzelpersonen dazu befähigen, in ihren Gemeinschaften eine Führungsrolle zu übernehmen, können wir stärkere, selbsttragende Systeme aufbauen, die langfristiges Wachstum und Nachhaltigkeit fördern.
Ayanle Bashir: Ein Wegbereiter für Veränderungen
Ayanle Bashir durchlief ein intensives 21-tägiges Trainingsprogramm. Es umfasste Krankheitsdiagnose, Behandlung und Herdenmanagement. Er erhielt ausserdem wichtige tierärztliche Ausrüstung und Medikamente für den Anfang, die es ihm ermöglichen, lebensrettende Dienste zu leisten.
Seit seiner Zertifizierung spielt Ayanle eine entscheidende Rolle bei Impfkampagnen und regelmässigen Auffrischungsschulungen, die von VSF-Suisse und dem Veterinäramt des Woreda durchgeführt werden. Er arbeitet mit einem Kostendeckungsmodell und investiert die Einnahmen aus den Behandlungsleistungen in die Wiederauffüllung seiner tierärztlichen Vorräte, um einen nachhaltigen und unabhängigen Tiergesundheitsdienst zu gewährleisten.
Stärkung der Tiergesundheit und der Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft
In den letzten zwei Jahren hat Ayanle Bashir insgesamt 3’865 Tiere behandelt, darunter 1’502 Schafe, 1’976 Ziegen, 157 Rinder und 230 Kamele.
Darüber hinaus hat er 670 Schafe 220 Ziegen kastriert, wodurch die Produktivität der Herde und das Fortpflanzungsmanagement erheblich verbessert wurden. Durch seine proaktiven Massnahmen konnte er die Morbidität und Mortalität der Nutztiere senken und so die Ernährungssicherheit, wirtschaftliche Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Haushalte in Gubadad verbessern.
Herausforderungen und der Weg in die Zukunft
Trotz seiner Erfolge steht Ayanle Bashir vor Herausforderungen, darunter:
- Begrenzter Zugang zu Tierarzneimitteln und -ausrüstung, was häufige Reisen in die Stadt Adadle zur Wiederauffüllung der Bestände erforderlich macht.
- Schlechte Strasseninfrastruktur und schwache Netzanbindung, was die Erbringung von Dienstleistungen erschwert, insbesondere in abgelegenen Weidegebieten.
Dennoch ist sein Engagement ungebrochen: „Selbst wenn meine Vorräte zur Neige gehen, sorge ich dafür, dass ich meine Vorräte wieder auffülle. Ich werde nie aufhören, meiner Gemeinschaft tierärztliche Dienste anzubieten“, bekräftigt er.
Um seine Wirkung aufrechtzuerhalten und zu vergrössern, betont er die Notwendigkeit von:
- kontinuierlicher technischer Unterstützung
- Auffrischungsschulungen
- verbesserten Mechanismen in der tierärztlichen Versorgungskette
Veränderung der Lebensgrundlagen: Ayanles Wirkung über Zahlen hinaus
Ayanles Einfluss geht über die behandelten Tiere hinaus. Seine Arbeit verändert die Art und Weise, wie nomadische Gemeinschaften erfolgreich sein können, selbst in entlegenen Gebieten. Mit Investitionen in die Ausbildung von Tiergesundheitshelfer:innen, Verbesserungen der Versorgungskette und konsequenter Unterstützung können wir gemeinsam mit unseren Partnern Ayanles Erfolg auf andere Kebeles ausweiten und ein Netzwerk nachhaltiger Veterinärdienste schaffen, und so die Tiere schützen und die Ernährungssicherheit für die Menschen verbessern.
Gemeinschaften stärken: Ayanles Vermächtnis des Wandels
Ayanles Weg von einem jungen Mann mit einer Vision zu einem vertrauenswürdigen Erbringer von Veterinärdienstleistungen zeugt von der Kraft des gemeinschaftlichen Wandels. Seine Geschichte zeigt, wie lokale Massnahmen zu dauerhaften Veränderungen führen können. Dank seines Engagements sind Gubadad und ähnliche Gemeinschaften auf dem Weg in eine widerstandsfähigere und wohlhabendere Zukunft. Indem wir Einzelpersonen befähigen, in ihren Gemeinschaften eine Führungsrolle zu übernehmen, können wir stärkere, selbsttragende Systeme aufbauen, die langfristiges Wachstum und Nachhaltigkeit fördern.
Wesinew Adugna
Projektleiter
Äthiopien
