Seit September 2022 ist Salomon Nikiéma VSF-Suisse Länderdirektor in Mali. In seiner Funktion kümmert er sich um die Projekte in Mali und ist zudem für unsere grenzüberschreitenden Aktivitäten in Westafrika verantwortlich. Im Interview erzählt uns Salomon ein wenig über sich, die wichtigsten Momente seiner ersten Monate im Amt und die Herausforderungen, die in den kommenden Jahren auf die Region zukommen werden.
Hallo Salomon, erzähl uns ein wenig über dich und woher du kommst.
Ich bin in Burkina Faso geboren, genauer in der Stadt Kombissiri, 42 km südlich der Hauptstadt Ouagadougou. In dieser Stadt habe ich die Grundschule und die Oberstufe besucht. Da die Bildungsinfrastruktur dort damals unzureichend war, wurde ich für den Abschluss meiner Schulzeit mit einem Stipendium an das Collège Protestant in Ouagadougou geschickt. Dort habe ich 1994 meine Hochschulreife erlangt.
Was war damals dein Traumberuf?
Ich wollte unbedingt Pilot werden. Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich mich an der Universität von Ouagadougou an der Fakultät für Wissenschaft und Technologie eingeschrieben. In meinem zweiten Studienjahr durchlief ich das Auswahlverfahren von Air Afrique und wurde zugelassen. Leider wurde für die Fluggesellschaft aufgrund schlechter Geschäftsführung bald darauf ein Liquidationsverfahren eröffnet. Die neuen Anwärter, darunter auch ich, hatten somit keine Chance mehr, ihre Ausbildung fortzusetzen.
Und wie bist du danach zur internationalen Zusammenarbeit gekommen?
Ich war schon immer leidenschaftlich daran interessiert, mich in diesem Bereich zu engagieren. Bereits 1994 hatte ich mit Kommilitonen und Jugendlichen aus dem Viertel, in dem sich meine Schule befand, einen Verein im Kampf gegen HIV/AIDS und andere sexuell übertragbaren Krankheiten gegründet. Durch meine Interessen und Leidenschaft, war es für mich also naheliegend, eine Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit anzustreben. Als Grundlage entschied ich mich dann für ein Studium der Soziologie.
Du bist also akademisch ausgebildeter Soziologe?
Ja, ich habe einen Abschluss in Soziologie der Universität von Ouagadougou. Angesichts der Herausforderungen, mit denen Entwicklungsländer im Allgemeinen und mein Land Burkina Faso im Besonderen konfrontiert sind, hielt ich es jedoch für angebracht, weitere akademische Zusatzausbildungen zu absolvieren. So habe ich zwei professionelle Masterstudiengänge in Projektmanagement und Dezentralisierung/lokale Entwicklung sowie einen MBA in diplomatischer Kooperation und Internationale Beziehungen abgeschlossen. Im Jahr 2020 habe ich ausserdem ein Zertifikat im Management von internationalen Institutionen und Projekten erhalten.
Welches waren deine wichtigsten beruflichen Stationen, bevor du zu VSF-Suisse gekommen bist?
Nach rund zehn Jahren als Länderdirektor bei der britischen NGO ACORD (Agency for Cooperation and Research in Development), die sich 2016 aus Burkina zurückgezogen hat, bin ich zu einer anderen britischen NGO gewechselt. Im Zeitraum 2017 bis 2020 habe ich in dieser Funktion ein grosses Projekt zur Resilienz von gefährdeten Gemeinschaften im Norden und in der Sahelzone Burkinas umgesetzt. Nach einem kurzen Mandat für eine italienische NGO als Koordinator für ein weiteres Resilienzprojekt in Burkina Faso und Niger, bin ich schliesslich im September 2022 zu VSF-Suisse gestossen.
War die Anpassung an deine neue Funktion einfach für dich?
Ja, denn sowohl die Rolle des Länderdirektors wie auch die Koordination von grenzüberschreitenden Aktivitäten waren nicht neu für mich. Ich habe in der Vergangenheit zudem in Viehzucht- und Milchprojekten sowie in Projekten mit agrarökologischen Ansätzen gearbeitet. Ich muss sagen, dass ich von einem ziemlich umfassenden Eintauchprogramm mit den verschiedenen Teams von VSF-Suisse und unseren Partnern profitiert habe. Ich hatte zum Beispiel die Gelegenheit, weniger als einen Monat nach meinem Dienstantritt, an der jährlichen Management-Retraite und den Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen von VSF-Suisse in Togo teilzunehmen. Dies hat meine Integration in die VSF-Suisse Familie auf jeden Fall beschleunigt. Ich kann also mit Gewissheit sagen, dass die Eingewöhnung nicht schwierig war!
Welche Aufgaben haben dich in den ersten Monaten bei VSF-Suisse am meisten beschäftigt?
Am wichtigsten war es, mich schnell mit den bereits laufenden Aktivitäten und Projekten vertraut zu machen. Das bedeutete für die ersten Monate: sehr viel lesen und viele Kontakte knüpfen, einerseits mit den Partnern, andererseits mit den Menschen, für die und mit denen wir arbeiten.
Was sind die grössten Herausforderungen für Mali und andere Länder in der Region?
Die komplexe Sicherheitsfrage bleibt die grösste Herausforderung für Mali und die Sahelzone im Allgemeinen. Hinzu kommen die negativen Auswirkungen des Klimawandels mit seinen Begleiterscheinungen wie Dürren, Überschwemmungen und Hungersnöten. Auch die politische Stabilität und der soziale Zusammenhalt bleiben ständige Herausforderungen.
Wie siehst du das zukünftige Engagement von VSF-Suisse in dieser Hinsicht?
VSF-Suisse wird sich nach wie vor stark in seinem Spezialgebiet engagieren und sicherstellen, dass die nomadischen und halbsesshaften Gemeinschaften den grössten Nutzen aus den Produkten der Viehzucht ziehen können. Man muss sich gemeinsam mit den Gemeinschaften engagieren, die den Wandel aktiv mittragen wollen, und nachhaltige Ansätze fördern.
Und was siehst du als die grösste Stärke von VSF-Suisse?
VSF-Suisse legt grossen Wert auf lokale Partnerschaften und stellt das Wohl der Menschen, mit denen wir arbeiten, immer an erste Stelle. Eine weitere Stärke ist die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität unserer Interventionsansätze. Ich bin überzeugt, dass die Position, die ich nun innehabe, enorme Möglichkeiten birgt, qualitative Veränderungen im Leben der Malierinnen und Malier sowie der grenzüberschreitenden Gemeinschaften herbeizuführen.
Danke und weiterhin viel Erfolg, Salomon!